Da ich sehr häufig gefragt werde, was man dazu alles braucht und wie die Tropfenbilder denn entstehen, will ich die Technik hier etwas näher beschreiben.
Wie entstehen die Formen? – Tropfen auf Tropfen
Das Prinzip ist einfach: Der erste Tropfen fällt ins Wasser. Dabei bildet sich zuerst ein Krater, danach springt aber das Wasser wieder nach oben und bildet eine Säule. Wenn die Säule ihren höchsten Punkt erreicht hat, löst sich manchmal sogar noch ein einzelner Tropfen von der Säule ab und springt noch weiter nach oben. Wenn nun auf die nach oben springende Säule ein weiterer Tropfen von oben fällt, weicht bei der Kollision das Wasser seitlich bzw. kreisförmig aus, es bildet sich das typische „Schirmchen“. Über den Zeitpunkt wann der zweite Tropfen die Säule trifft kann bestimmt werden, wie das „Schirmchen“ aussieht.
Noch besser kann man das im High-Speed Video erkennen, welches ich mit einer Photron Fastcam SA6 bei 1500fps aufgenommen habe. Die Beleuchtung ist hier noch deutlich schwieriger zu bewerkstelligen als auf den Fotos. Um sehr kurze Verschlusszeiten von kleiner 1/8000s zu erreichen, ist extrem starkes Dauerlicht notwendig. Wie man auf dem Video sieht, war es immernoch etwas dunkel im Vergleich zu den „normalen“ Fotos. Leider ist eine solche Kamera sehr teuer und selbst die Miete für einen Tag geht deutlich in den vierstelligen €-Bereich. Dazu kommt, dass in wenigen Sekunden mehrere Gigabytes Daten entstehen, was wiederum lange dauert, bis diese weggespeichert sind. Da bleibt also nicht viel Zeit für Lichtexperimente.
Vielen Dank an David Schläpfer, der dieses Experiment organisiert und ermöglicht hat: www.d-s-c.ch
Es gibt sehr viele Faktoren die Einfluss auf die Formen haben. Ein wesentlicher Punkt dabei ist der zeitliche Ablauf, wann ein Tropfen auftrifft. Es gibt aber auch andere physikalische Parameter die großen Einfluss haben, dazu zählen die Wassertiefe, Temperatur, Viskosität, die Tropfengeschwindigkeit, die Höhe aus der die Tropfen fallen, und mit Sicherheit noch viele mehr.
Diese Größen zu kontrollieren und zu beeinflussen ist die eigentliche Herausforderung. Einige Parameter sind einfach zu beeinflussen, andere weniger. Um die Viskosität zu ändern, verwende ich Guarkernmehl. Damit wird das Wasser dickflüssiger und die Tropfen werden „elastischer“, sie reissen nicht so schnell ab, sondern bilden größere Figuren. Schwieriger wird es, den zeitlichen Ablauf möglichst exakt bestimmen zu können. Bei einfachen Formen ist das mit viel Geduld durchaus noch von Hand möglich, für fortgeschrittene Formen ist eine entsprechende technische Ausrüstung unumgänglich.
Technische Ausrüstung – Die Tropfen-Hardware
Um den ganzen Ablauf kontrollieren zu können, verwende ich ein Arduino Mikrocontroller-Board. Dazu habe ich einige Schaltungen entwickelt, welche mir den Anschluss von Magnetventilen, Blitzen und der Kamera ermöglichen. Die Anschaltung von Kamera und Blitzen erfolgt über Optokoppler, für die Magnetventile verwende ich Transistor-Schaltungen, da hier höhere Ströme fliessen. Am Gehäuse habe ich Anschlüsse für Blitz (3,5mm Klinke), Kamera (2,5mm Klinke), optionale Lichtschranke (3,5mm Klinke) und Lasermodul, Ventile (Mini-DIN) und Auslöser (3,5mm Klinke) angebracht.
Die Einstellung der Parameter erfolgt über eine Bedienoberfläche, welche ich in Visual Basic erstellt habe. Die Kommunikation mit dem Mikrocontroller erfolgt über die serielle Schnittstelle (USB). Hierfür habe ich ein kleines Protokoll entworfen um die Parameter zum Mikrocontroller zu übertragen.
Die Beleuchtung
Die Beleuchtung ist wohl eine der schwierigsten Aufgaben bei der Tropfenfotografie. Die Wassertropfen werden NUR durch Blitzlicht beleuchtet, um die schnelle Bewegung einzufrieren. Daher sind Blitze erforderlich, welche sich manuell in der Leistung reduzieren lassen, um eine Leuchtdauer von 1/15000s oder besser noch kürzer zu erreichen. Ist die Leuchtdauer länger, entsteht Bewegungsunschärfe. Andererseits wird ausreichend viel Licht benötigt, um die ganze Szene zu beleuchten.Hier muss man also einen Kompromiss finden.
Für die Beleuchtung selbst muss etwas experimentiert werden, um eine gute Einstellung zu finden. Schon kleine Veränderungen bringen oft schon eine unglaublich große Wirkung. Oft entstehen unerwünschte Spiegelungen, Blitz-Reflexe, Schatten oder überbelichtete Stellen.
Ich unterscheide in zwei Beleuchtungs-Teile: Die Hintergrundbeleuchtung und die direkte Beleuchtung des Tropfens. Für die Hintergrundbeleuchtung verwende ich meist zwei bis vier Blitze, welche eine halbtransparente Acrylglasscheibe von hinten beleuchten. Von der Kamera aus gesehen stehen die Blitze also hinter der Scheibe. Die Scheibe streut das Licht, so dass weiche Verläufe entstehen. Um das Licht zu formen, beispielsweise um einen helleren Punkt zu setzen, verwende ich selfmade Röhrchen-Snoots. Damit lassen sich weiche, punktförmige Spots in den Hintergrund setzen.
Wenn der Tropfenfuß zu dunkel wird, beleuchte ich diesen mit einem separaten Blitz direkt von der Seite. Auch hierzu verwende ich einen Snoot, um das Licht nur auf den Fuß des Tropfens zu bündeln.
Die Farbe des Hintergrunds entsteht durch Farbfilter-Folien, welche ich direkt vor den Blitz klebe. Diese Filter gibt es in sehr vielen Farbtönen, allerdings wirken sie auf dem Bild oft komplett anders, als es auf den ersten Blick vermuten lässt. Auch hier ist ausprobieren angesagt.
Ventile
Die Ventile müssen ausreichend schnell sein, um die Tropfen möglichst exakt erzeugen zu können. Innerhalb von etwa 30ms sollte das Ventil öffnen und wieder schliessen können. Bei meinen Ventilen handelt es sich um handelsübliche 12V DC Magnetventile, sie werden bei diversen Auktionen oft als „Kettenöler“ angeboten. Aber es gibt noch viele andere die ebenso funktionieren. Die Nennweite darf nicht zu klein sein, so dass sich die Tropfen schnell genug bilden können.
Die äußeren Ventile müssen die Tropfen schräg auf die Flugbahn des mittleren Tropfens schießen, sie sind deshalb schräg aufgebaut. Die Einstellung ist allerdings nicht ganz einfach.
Die Kamera
Die Rolle der Kamera wird bei der Tropfenfotografie oft überschätzt. Oft herrscht die Meinung, die Kamera müsste wahnsinnig schnell sein, mindestens 1000 Bilder pro Sekunde schiessen können oder irgendwelche anderen Super-Features haben. Doch das ist keineswegs der Fall.
Die Belichtung des Tropfens erfolgt ausschliesslich über das Blitzlicht, die Verschlusszeit der Kamera ist dabei zweitrangig. Der Verschluss muss zum Zeitpunkt des Blitzes vollständig geöffnet sein, ob das nun 1s, 1/30s oder 1/200s ist, ist völlig egal. Beachtet werden muss nur die Blitzsynchronzeit, welche von Modell zu Modell unterschiedlich ist. Die Blitzsynchronzeit ist die kürzest mögliche Belichtungszeit, bei welcher die Verschlusslamellen den Sensor gerade noch vollständig freigeben. Wird eine kürzere Belichtungszeit eingestellt, ist ein Schatten des Verschlussvorhangs auf dem Bild sichtbar. Zu lange sollte die Belichtungszeit allerdings nicht sein, da sonst Störungen durch Umgebungslicht zu sehen sein können.
Prinzip:
1. Kamera öffnet den Verschluss vollständig.
2. Der Blitz wird ausgelöst. Die kurze Leuchtdauer des Blitzes friert die schnelle Bewegung des Tropfens im Bild ein.
3. Der Verschluss wird geschlossen, die Belichtung beendet.
Die Kamera sollte ein gutes Rauschverhalten zeigen. Die Empfindlichkeit (ISO Einstellung) sollte so niedrig wie nötig gehalten werden. Es ist sinnvoll, die Fotos als unkomprimierte RAW Datei zu speichern. Besonders in den feinen Farbverläufen im Hintergrund kommt es bei der JPG Komprimierung sonst schnell zu unschönen Tonwertabrissen. Ausserdem ergibt sich aus einer RAW Datei ein wesentlich größerer Spielraum für weitere Optimierungen (Weissabgleich, Tiefen/Lichter, …).
Bei der Brennweite empfinde ich 100mm am APS-C Sensor als optimal. Der Abstand vom Wasser ist ausreichend groß bei angenehmer Abbildungsgröße. Auch die Schärfentiefe ist hier akzeptabel. Ich arbeite mit Blenden von F16-F20. Bei längeren Brennweiten oder kleineren Motivabständen wird die Schärfentiefe wieder kleiner. 100mm ist ein guter Kompromiss.
Die Fokussierung muss manuell erfolgen. Eine einfache Möglichkeit ist, einen Gegenstand dort ins Wasser zu stellen, wo der Tropfen auftrifft. Dann kann manuell auf diese Stelle fokussiert werden. Grundvoraussetzung ist eine feste Tropfenposition und ein stabiles Stativ für die Kamera.
Für meine Tropfenfotos habe ich bisher eine Canon 40D mit dem EF 100/2,8 Makro Objektiv verwendet.
Nachbearbeitung
Die meisten der gezeigten Tropfenbilder habe ich noch mit Canon Digital Photo Professional aus dem RAW entwickelt, als TIFF exportiert und in Photoshop Elements weiterbearbeitet. Inzwischen bin ich auf Adobe Lightroom + Photoshop CC umgestiegen, was den Workflow erheblich vereinfacht.
Folgende Schritte führe ich bei der Nachbearbeitung durch, sofern notwendig:
- Gerade ausrichten
- Beschnitt
- Störende Spritzer, Staub und ggf. Ränder entfernen
- Helligkeit und Kontrast korrigieren
- Weissabgleich anpassen
- Rauschen reduzieren (selten)
- Verkleinern und schärfen
Ansonsten werden keine Veränderungen am Bild durchgeführt. Was auf den Bildern zu sehen ist, ist Natur!